PV-Markt boomt

Mehr Sonne, weniger Gas

Photovoltaik
30.03.2022

Die Energiepreise explodieren, die Auswirkungen auf heimische Bauunternehmen sind teilweise immens. Kann die Photovoltaik hier in die Bresche springen und die Teuerungen abmildern?
Vera Immitzer
Vera Immitzer.

Vera Immitzer ist Geschäftsführerin des Bundesverbands Photovoltaic Austria, sie spricht im Interview mit der Bauzeitung über russisches Gas, wichtige Technologiefortschritte, die staatlichen Förderangebote für Photovoltaikanlagen und vieles mehr.

Welchen Einfluss hatte die Pandemie auf den ­PV-Markt?

Vera Immitzer: Wir haben gesehen, dass die Pandemie das Wirtschaftssystem und damit auch den PV-Markt durcheinandergewirbelt hat, was bei steigender Nachfrage und reduzierten Produktionskapazitäten zu längeren Lieferzeiten geführt hat. Das hat sich mittlerweile wieder stabilisiert, aber die Preise sind auf einem hohen Niveau geblieben. 

Stichwort Ukraine-Krise: Welchen Anteil der russischen Gasimporte könnte die Photovoltaik ersetzen?

Immitzer: Photovoltaik kann einen Teil des importierten Gases ausgleichen. Um eine Zahl zu nennen: Mit dem Ziel, das sich Österreich allein im Bereich des PV-Ausbaus gesetzt hat, können wir bis zu 20 Prozent des aus Russland importierten Gases ersetzen. 

In welchen Bereichen können wir leichter auf Erneuerbare umsteigen?

Immitzer: Im Strombereich geht es darum, die letzten rund 25 Prozent zu ersetzen, damit die Strom­erzeugung vollständig erneuerbar und inländisch wird. Im Bereich der Wärme und der Mobilität ist der Anteil fossiler Energie und entsprechend der Import aus dem Ausland noch wesentlich höher. Das heißt, hier haben wir am meisten umzustellen. 

Was bedeutet das von der Regierung kürzlich präsentierte Entlastungspaket für die PV?

Immitzer: Das Entlastungspaket sieht für einen Zeitraum von fünf Jahren ein zusätzliches Budget von 250 Millionen Euro vor. Da damit sowohl Maßnahmen im Photovoltaik-Bereich, aber auch im Wind- und Geothermiebereich forciert werden sollen, ist die Unterstützung für die einzelnen Technologie eher bescheiden. Das Paket soll daher vor allem parallel zum Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz Maßnahmen unterstützen. Details zu den Maßnahmen sollen in nächster Zeit noch mit den Stakeholdern besprochen werden. Hier sind wir eingebunden und werden unsere Vorschläge dementsprechend einbringen.

Gibt es einen Anstieg bei Unternehmen, die ­Photovoltaik nutzen, etwa für Firmenautos etc.?

Immitzer: Die Nachfrage nach PV-Anlagen sowohl im privaten, aber auch im Unternehmensbereich ist unglaublich hoch. Sicherlich hat das steigenden Umweltbewusstsein und das Thema der zunehmenden Elektrifizierung des Verbrauchs, sprich Wärmeerzeugung über Strom (bspw. über die Wärmepumpe), oder der Mobilität durch das Elektroauto zu einer zunehmenden Anfrage in den letzten Jahren geführt. Der aktuell neuerliche Nachfrageschub hängt jedoch mit den steigenden Energiepreisen zusammen. Auch die stetig wachsende Angst vor Blackouts führt zu steigender Nachfrage.

Wie lange funktioniert eine PV-Anlage durchschnittlich? Welche Technologiefortschritte wurden in letzter Zeit gemacht?

Immitzer: Eine PV-Anlage läuft bei regelmäßiger Wartung mindestens 25 Jahre. Dazwischen wird es zu einem Tausch der Wechselrichter kommen. Gerade im Bereich der Leistung der einzelnen Module hat es enorme Entwicklungen gegeben. Noch vor zehn Jahren hatte ein Modul eine Leistung von 250 Watt,  mittlerweile erreichen diese knapp 400 Watt.

Teilweise müssen laut Bauordnung PV-Anlagen bei Neubauten installiert werden. Erwarten Sie hier eine Erweiterung?

Immitzer: Der Ausbau im Neubau ist vor allem Aufgabenfeld der Politik. Vorerst haben nur die Bundesländer Wien, Niederösterreich und die Steiermark den Schritt in eine umweltfreundliche Bauordnung unternommen, in der sie vorschreiben, dass ein neues Gebäude mit einer PV-Anlage auszustatten ist. Die Vorgaben der einzelnen Bundesländer könnten dabei unterschiedlich nicht sein, was die Sache nicht leichter macht. Die anderen Bundesländer hinken hier noch hinterher. Wünschenswert wäre natürlich, dass jedes Gebäude, das Fläche beansprucht, auch ­aktiv zur Sonnenstromproduktion genutzt wird.

Wie zufrieden sind Sie mit den Förderungen?

Immitzer: Die Branche wartet seit über zwei Jahren auf das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, dieses soll das Fördersystem revolutionieren. Letzten Sommer wurde es im Nationalrat beschlossen, und seit damals warten wir auf den ersten Förderstart. Ausständig dafür ist die Förderverordnung, die detaillierte regelt, wie die Förderung ausschauen wird, wie hoch der Fördersatz sein wird usw. Vorgesehen ist, dass nach Größe gefördert wird. Die größten An­lagen (ab 100 kWp) sollen einen Einmalzuschuss von 150 Euro / kWp erhalten, mittelgroße Anlagen (bis 100 kWp) 175 Euro / kWp. Diese Fördersätze sind als maximal Fördersätze zu verstehen, die vom Anlagenbetreiber unterboten werden können, wenn er seine Chance auf eine Förderung heben möchte. Diese Förderung gibt es  für Private  und Unternehmen.

Bis 2030 soll auf 13 GWp installierte PV-Leistung erhöht werden, der Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Wie ­realistisch ist das aus heutiger Sicht?

Immitzer: Die Photovoltaik ist jene Technologie, die bis 2030 am meisten Leistung zubauen muss. Wir können es schaffen, wenn die Rahmenbedingungen nicht weiter hinausgezögert werden. Konkret ­müssen die Förderbedingungen auf den Tisch gelegt werden, die erforderlichen Kapazitäten im Stromnetz ­geschaffen und ein Programm für die Ausbildung von Fachkräften geschaffen werden. Vor allem die Gemeinden und die Länder müssen ihre Landesgesetze PV-fit machen damit lange Genehmigungsverfahren endlich Geschichte sind. Wenn alle zusammenhelfen, dann kann es uns gelingen, diese Ziele zu erreichen. Die Bevölkerung und die Unternehmen sind jedenfalls dabei. Das sehen wir aufgrund der Nachfrage.

PV-Anlage für das eigene Unternehmen? So geht's.

Der beste Weg zur eigenen PV-Anlage ist über den Anlagenerrichter bzw. Elektriker. In Abstimmung mit dem (zukünftigen) Stromverbrauch wird die optimale Anlagengröße ermittelt. Mit dem Netzbetreiber muss abgeklärt werden ob die geplante Anlagengröße auch an sein Stromnetz angeschlossen werden kann. Je nach Anlagengröße variieren die Kosten. Bei den üblichen Anlagen auf Betrieben rechnet man mit rund 1.000 Euro/kWp. Abhängig von der gewählten Förderung wird davon rund 15 Prozent gefördert. Die Finanzierung kann auch durch einen externen Betreiber übernommen werden. In diesem Fall stellt der Gebäudebesitzer das Dach gegen eine entsprechende Pacht, einem Dritten zur Verfügung. Mehr Informationen unter: pvaustria.at 

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