Preisgestaltung
Fake-Rabatte der Möbelhäuser
In den großen Möbelhäusern wird oft mit großzügigen Rabatten geworben. Ausgehend von der unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) sind die Preisreduktionen mit bis zu 60 Prozent verlockende Angebote. Service&More als größte Einkauf- und Dienstleistungsorganisation für KMU im österreichischen Einrichtungsfachhandel ist es ein Anliegen, den Mitgliedsbetrieben dabei zu helfen, gegenüber den Großflächenanbietern erfolgreich zu bestehen. Im Zuge dessen hat die Organisation die Preisentwicklung der angebotenen Produkte genau beobachtet: "Wir stellen bereits seit vielen Jahren eigenartige Rabatt-Gepflogenheiten bei den großen Möbelketten fest. Aber es ist uns wichtig, hier nicht nur auf individuelle Beobachtungen zu setzen, sondern mit geprüften Ergebnisse zu belegen, wie Kund*innen nach allen Regeln der Kunst verführt werden", sagt Christian Wimmer, Geschäftsführer von Service&More.
Beispiele für Fake-Rabatte
Von Mai 2021 bis April 2022 hat Makam Research im Auftrag von SERVICE&MORE eine monatliche Preisbeobachtung bei XXXLutz, kika und Leiner durchgeführt. Dafür wurden pro Möbelhaus und Standort (Wien, Graz und Salzburg) vier Artikel ausgewählt und deren Preisentwicklung (Neupreis = Aktionspreis und UVP) im monatlichen Längsschnitt dokumentiert. Die Ergebnisse sind sehr ähnlich. So wurde beispielsweise ein Stuhl ohne Begründung dauert als Aktion angeboten. Sein Preis lag durchgängig 21 Prozent unter der unverbindlichen Preisempfehlung. Im Beobachtungszeitraum stiegen UVP und Aktionspreis beinahe parallel zueinander an und lagen somit im April 2022 jeweils mehrere Prozentpunkte über dem Startpreis.
Ähnlich verhielt es sich im Fall eines Parkettbodens. Für dasselbe Produkt lagen die UVP in den Filialen in Wien und Salzburg im Mai 2021 bei 61 Euro und der Aktionspreis bei 40 Euro. Nur einen Monat später belief sich die UVP in Wien auf 65 Euro und in Salzburg auf 80 Euro. Analog dazu stieg der Aktionspreis in Wien auf 41 Euro und in Salzburg auf 50 Euro. Im April 2022 kostete der Parkett laut Aktion in Wien 60 Euro (UVP: 69 Euro) und in Salzburg 70 Euro (UVP: 82 Euro). "Woher diese Preise kommen, ist schlichtweg nicht nachvollziehbar. Rohstoffengpässe oder Lieferprobleme können ja wohl nicht für dieses West-Ost-Gefälle ausschlaggebend sein", so Wimmer.
Irreführende Preisgestaltung
Makam Research beobachtete nicht nur die Produkte vor Ort in den Filialen, sondern ebenso die Darstellungsweisen in den Prospekten und Flugblättern. "Wie beim Möbel-Mystery-Shopping wurde auch bei den Prospekten bis dato ein derartiger Vergleich in Österreich noch nie erhoben. Die Ergebnisse lassen aufhorchen", so Christian Dominko, Geschäftsleitung Marktforschung bei Makam Research. So wurde im April 2021 eine Sitzgruppe in Aktion um 999 Euro angeboten. Die UVP dazu lautete 2.196 Euro. Dasselbe Produkt wird im Dezember 2021 mit 899 Euro statt 2.433 Euro ausgepreist. Die UVP wurde klar angehoben und der Aktionspreis ein wenig gesenkt, wodurch sich eine höhere prozentuelle Preisreduktion von 63 Prozent statt 54 Prozent ergibt.
Ganzjahresrabatte sind Fakes
Christian Wimmer sieht die Möglichkeit der irreführenden Preisgestaltung auch darin, dass derartige Anschaffungen selten gemacht werden: "Wir arbeiten in einer verführerischen Branche, in der die Käufer*innen meist kein Gefühl für den Preis haben – wie auch, denn wie oft werden schon neue Möbel angeschafft?" Die unterschiedlichen UVP und Rabatte dazu sind hauptsächlich durch die Eigenmarken der Unternehmen möglich.
Preiskennzeichnungspflicht zeigt erste Wirkung
Von welcher Relevanz dieses Thema ist, zeigt der aktuell erschienene Leitfaden "Richtig werben mit Rabatten". Diese Informationsbroschüre, die der Handelsverband in Zusammenarbeit mit Taylor Wessing veröffentlicht hat, gibt Antworten auf 25 Fragen zur täglichen Werbepraxis mit Preisermäßigungen. Das Kompendium war notwendig, da am 20. Juli 2022 der neue § 9a des Bundesgesetzes über die Auszeichnung von Preisen in Kraft getreten ist. Seither müssen Handelsunternehmen bei der Ankündigung von Preisermäßigungen den sogenannten "vorherigen niedrigsten Preis" angeben – also jenen Preis, der zumindest einmal in den letzten 30 Tagen vor der Anwendung der Preisermäßigung in demselben Vertriebskanal zum Einsatz gebracht wurde. Im Zuge dessen hat Service&More auch im August 2022 weitere Mystery-Shoppings durchgeführt, um zu sehen, ob und wie die neuen Vorgaben umgesetzt werden. In den meisten Fällen hielten sich die Handelsunternehmen an die neuen Auszeichnungsregeln – an der Preisgebahrung selbst hat sich dadurch kaum etwas geändert. "Wir begrüßen diese neuen Vorgaben, die noch während der Feldarbeit zu unserer Studie in Kraft getreten sind. Sie zeigen, wie wichtig unsere diesbezüglichen Beobachtungen für die Konsument*innen sind. Denn noch ist eine gewisse Orientierungslosigkeit zu erwarten – soll doch lediglich bei der Werbung mit einer UVP diese so dargestellt werden, dass sie als Vergleichspreis, aber nicht als Rabatt wahrgenommen wird. Wie damit im Alltag umgegangen wird, bleibt noch abzuwarten – denn die vorherrschende Rabbatitis wird dadurch ja nicht unbedingt beendet, sondern lediglich etwas erschwert", so Wimmer.