Unesco
Schmieden als Kulturerbe anerkannt
Beim Freihandschmieden wird mit den vier Elementen Feuer, Luft, Wasser und Erde gearbeitet. Heute wie damals werden Schmiedeeisen und Stahl in glühendem Zustand durch Schlagen oder Drücken in freier Handarbeit bearbeitet. Durch unterschiedliche Schmiedeverfahren und unter Einsatz von Stöckel und Hämmer werden in jahrhundertalter Technik die Materialien geformt. Die daraus entstehenden geschmiedeten (Kunst-)Objekte reichen von herrschaftlichen Insignien bis hin zu Bauelementen.
Schmiedekunst als Teil der Kultur
Das Handwerk der Schmiede entstand parallel zur Kunst der Metallgewinnung. Erste Anfänge des Schmiedehandwerks finden sich bereits im alten Ägypten (ca. 1500 v.Chr.); in Europa liegen konkrete Nachweise in der Hallstattperiode um 1000 v.Chr. vor. Schmiedekunst stellt seither einen wichtigen Teil der Kultur einer Gesellschaft dar, sei es durch den Beitrag in der Baukunst, sei es durch die Herstellung von Schmuck, sakralen Objekten oder kunstvollen Verzierungen alltäglicher Gebrauchsgegenstände.
"Die kulturelle Bedeutung des Schmiedehandwerks ist groß, wir wollen dem traditionellen Handwerk wieder mehr Wertschätzung entgegenbringen", kommentiert der Wiener Landesinnungsmeister Metalltechnik Georg Senft.
Mittlerweile haben vielfach Maschinen diese Arbeit abgelöst. Dennoch betreiben heute knapp hundert österreichische Betriebe das Handwerk des Freihandschmiedens. In der Bundeshauptstadt sind es von den rund 40 registrierten Schmiedebetrieben allerdings nur etwa fünf, die das Handwerk des Freihandschmiedens tatsächlich noch praktizieren.
Bei der Technik des Freihandschmiedens erstellt der/die Schmied*in zuerst eine Skizze des Stückes mit den geeigneten Proportionen. Danach wird das passende Material ausgewählt, vorgerichtet und zugeschnitten.
Anschließend wird das Material im Schmiedefeuer erhitzt und anschließend mittels unterschiedlicher Schmiedeverfahren und mit Einsatz von Stöckel und Hämmer geformt und zu Werkstücken zusammengefügt.
Altes Wissen
Eine klassische Werkstatt weist dabei nach wie vor große Ähnlichkeiten auf mit solchen, die bereits vor hunderten von Jahren existierten. Vorzufinden sind eine Schmiedeesse bzw. ein Ofen mit Feuerschüssel, wo das Schmiedeeisen zum Glühen gebracht wird sowie Werkzeuge wie Hand- und Setzhämmer, welche als Vorschlaghämmer das Werkstück formen. Das Wissen umfasst neben der Anfertigung von Objekten auch die Reparatur und Instandhaltung dieser. Dadurch leisten Schmied*innen einen Beitrag gegen die Wegwerfgesellschaft. Viele der Wissensträger*innen stellen zudem ihre benötigten Werkzeuge und Schablonen oft selbst in ihren Werkstätten her.
Gelebte Handwerkstradition
Die traditionellen Techniken des Bearbeitens und Härtens der Werkstücke erfordern langjähriges Erfahrungswissen. Dies wird im Lehrberuf, aber vor allem durch erfahrene Meister*innen an die Lehrlinge weitergegeben. Ist die Meisterprüfung erfolgreich abgelegt worden, schlägt der/die junge Schmiedemeister*in einen selbstgemachten Nagel als "Visitenkarte" in einen alten Eichenstamm, der bereits von vielen vorangegangenen Generationen mit Nägeln bestückt wurde. Zudem hat jede*r Schmied*in ein eigenes Punze-Zeichen, welches abschließend in jedes Werkstück eingeschlagen wird.
Vernetzung ist wichtig
Durch regelmäßige Austauschtreffen zwischen Fachleuten aus allen Bundesländern und aus dem Ausland wird stets versucht, das eigene Wissen zu erweitern. Schließlich werden durch die Öffnung der Werkstätten für Besucher*innen, der Organisation von Wettbewerben und der Kooperation mit Schulen Maßnahmen getroffen, die zur Erhaltung des Handwerks beitragen. Zur weiteren Attraktivierung des Schmiedeberufs sollen in Zukunft auch Auslandspraktika in den Nachbarländern Schweiz, Deutschland und Dänemark angeboten werden. [gr]
[METALL 12/2022]