Holzbau

Zur Hälfte frei von CO2

Nachhaltiges Bauen
10.07.2024

 
Das oberösterreichische Unternehmen Pointinger Bau setzt konsequent auf Nachhaltigkeit. Es verspricht mit seinen "Green Buildings" eine massive Reduktion der CO2-Emissionen über die gesamte Lebensdauer seiner Häuser. Die in Aussicht gestellte Einsparung: 50 Prozent.
Wohnbauprojekt von Pointinger Bau in Krems.

Die Überraschung war groß. Und sie war durchaus positiv. "Wir haben uns anfangs gedacht: Wer finanziert uns das Projekt? In Wirklichkeit war es dann genau gekehrt – wir verhandeln derzeit mit einer Reihe von Banken. Die wollen das Geschäft unbedingt machen." Bei dem Bauvorhaben, von dem Bernhard Pointinger, Geschäftsführer und Eigentümer von Pointinger Bau, spricht, handelt es sich um eine Reihenhausanlage mit neun Einheiten im oberösterreichischen Prambachkirchen. Das Besondere: Die Häuser weisen einen sehr niedrigen ökologischen Fußabdruck auf. Das Konzept nach dem sie errichtet worden sind, nennt der Bauunternehmer "Pointinger Green Buildings". Er verspricht mit damit rund 50 Prozent weniger CO2-Emissionen über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes im Vergleich mit einem ähnlichen Haus, das nach dem Baustandard errichtet worden ist.  

Den Grund für die erfreulichen Gespräche mit den Kreditinstituten ortet der oberösterreichische Bauunternehmer in der EU-Taxonomie-Verordnung. Diese zwingt Banken zunehmend dazu, im Kreditgeschäft auf Nachhaltigkeitskriterien zu achten – je nachhaltiger ihr Kreditportfolio, desto günstiger ihre Refinanzierungskosten. Daher sind die Banken intensiv auf der Suche nach grünen Projekten. Wichtig dabei: Die Nachhaltigkeit eines Vorhabens muss nachgewiesen werden. Das Vorhaben in Prambachkirchen hat die Klimaaktiv Gold-Zertifizierung des Bundes erhalten.

Der gelernter Holzbaumeister Pointinger ist seit 2012 mit dem eigenen Unternehmen im Baugeschäft tätig. Pointinger Bau hat seitdem rund 500 Wohneinheiten errichtet. "Wir haben immer schon auf die Nachhaltigkeit unserer Projekte geachtet“, erläutert Pointinger. „2023 haben wir dann aber alles, was wir im Laufe der Jahre entwickelt haben, in ein umfassendes Konzept gepackt. Das war die Geburt von Green Buildings." Gemeinsam mit dem TÜV Süd arbeitet er derzeit daran, das Konzept weiter in Hinblick auf die EU-Taxonomie zu verbessern. "Gerade im Neubau ist es wichtig, die Anforderungen der EU-Taxonomie möglichst früh, in den Planungsprozess zu integrieren", meint Karl Zimota vom TÜV Süd.

Die Mehrkosten eines Green Building-Hauses beziffert Pointinger bei "drei bis fünf Prozent gegenüber einem Haus, das nach dem Baustandard errichtet wird". Diese Kosten würden sich, so der Holzbaumeister weiter, "allein durch die laufenden Einsparungen im Betrieb bei Heizung und Kühlung sowie für den Strom in weniger als zehn Jahre amortisieren". Dazu kommt das grüne Gewissen, über das die Eigentümer*in des Hauses sich aufgrund der Halbierung des Carbon Footprints freuen darf. Bislang hat Pointinger zwei Green Buildings-Projekte umgesetzt. Die nächsten fünf sind in der Pipeline. Der Unternehmer erwartet sich einen starken Anstieg der Nachfrage: "Wir erhalten laufend Anfragen – auch von Bauherren, die ursprünglich konventionell geplant haben, und nun umdenken."

Green Buildings setzt bereits beim Entwurf des Hauses durch den hauseigenen Architekten an. Das Konzept besteht aus der Kombination von vielen einzelnen Bausteinen. Neben Planung und Architektur zählen dazu vor allem der konsequente Einsatz der Holzbauweise und der sparsame Einsatz der eingesetzten Materialien sowie die Reduktion des Energieeinsatzes beim Betrieb des Hauses – Stichwort: Passivhaus oder Energieplus Haus. Die verwendete Energie ist zu 100 Prozent erneuerbar. Jedes Haus erhält eine PV-Anlage. Kühlung und Heizung werden mit Hilfe von Geothermie betrieben. Bauteilaktivierung sorgt für ein angenehmes Raumklima. Dazu kommen Dachbegrünung und der sparsame Umgang mit Trinkwasser. Pointinger: "Es ist das Zusammenspiel von tausenden Details, das wir laufend weiter optimieren."

In der Planungsphase achtet das Pointinger-Team unter anderem auf die Ausrichtung des Hauses. Bei den Reihenhäusern in Prambachkirchen sind die großen nach Süden gerichteten Fenster überdacht und mit Raffstores ausgestattet. Die Stiegenhäuser verfügen über Dachflächenfenster. Durch das gleichzeitige Öffnen dieses Fensters und eines Fensters im Erdgeschoss ist es möglich, Zugluft herzustellen und die kühle Luft während der Nacht zur Abkühlung des Gebäudes zu nutzen – ohne stromfressende technische Hilfsmittel.

Hirnschmalz bei der Planung verwendet die Oberösterreicher auch bei der Installation der PV-Anlage. "Die meiste Energie wird im Winter benötigt", meint Pointinger. "Genau dann produzieren die meisten Solaranlagen, aber weniger Strom – und zwar deshalb, weil sie in der Regel am Dach installiert sind und die Sonnenstrahlen wegen der tieferstehenden Sonne nicht optimal aufnehmen können." Die Lösung: "Wir montieren die PV-Kollektoren auch auf der Fassade."

Um dies zu ermöglichen, sehen die Nachhaltigkeits-Spezialisten bei ihren neuen Projekten Loggien statt Balkone vor. "Die Fassade einer Loggia lässt sich gut nutzen, um PV-Paneele anzubringen. Zudem hat sie den Vorteil, dass sie witterungsgeschützt ist und man sie auch bei schlechtem Wetter verwenden kann", so Pointinger. Durch den Einsatz von Solarenergie und der Kombination einer Wärmepumpe mit Geothermie rechnet er "bei den aktuellen Strompreisen" mit jährlichen Stromkosten von „nur 200 bis 300 Euro“. Ohne Geothermie und ohne PV-Anlage "wären es rund 2.500 Euro. Also das Zehnfache".

Beim zweiten Green-Buildings-Projekt, das gerade an den Bauherren, das Stift Göttweig, übergeben wurde, handelt es sich um eine Wohnanlage in Krems mit 21 Einheiten. Hier hat Pointinger Bau eine sogenannte "Gemeinschaftliche Erzeugungsanlage" (GEA) für die Stromproduktion installiert. Der große Vorteil der GEA: Sie ermöglicht es den Wohnungseigentümer*innen, Strom an Mieter*innen zu verkaufen. Diese sparen sich dadurch die externen Netzkosten. Die "Problematik dieser GEAs lag bislang daran, dass die Abrechnung technisch aufwendig ist", erläutert Pointinger. "Wir haben aber einen Anbieter gefunden, der uns ein reibungslos funktionierendes Abrechnungssystem zur Verfügung stellen kann."

Ein weiterer wichtiger Baustein des Green Buildings-Ansatzes widmet sich dem Thema Rückbau. "Die EU-Taxonomie fordert den Nachweis, dass 70 bis 90 Prozent der verwendeten Materialen am Ende des Lebenszyklus des Gebäudes recycelt werden können", sagt Pointinger. Er hat daher in Zusammenarbeit mit dem TÜV Süd ein eigenes Rückbau-Konzept entwickelt. Pointinger: "Recycling wird in 50 Jahren ein Riesen-Geschäft sein und Riesen-Kosten verursachen. Wie hoch sie wirklich sein werden, kann man nur erahnen", meint Pointinger. Nachsatz: "Es ist für die Bauherr*innen daher ein Riesen-Vorteil, jetzt in ein Gebäude zu investieren, das hier gut aufgestellt ist."

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