Möbelzulieferer Zorn: verlängerte Werkbank für Tischler
Die Firma Zorn hat schon seit vielen Jahrzehnten Erfahrung im Zulieferbereich. Begonnen hat man in dem Segment freilich mit einer ganz anderen Kundengruppe als heute: Einst belieferte das Unternehmen Möbelketten wie Kika, Leiner und XXXLutz mit Möbeln. Vor rund 20 Jahren übernahm der heutige Geschäftsführer Manfred Zorn die Firma, seit 2005 hat Christian Stubauer die Betriebsleitung inne. Drei Jahre später entschloss man sich zu einem Strategiewechsel: weg vom risikoreichen Geschäft mit der Großfläche, hin zu neuen Märkten.
„Es war für uns natürlich ein großer Schritt, immerhin machte dieses Segment einst 95 Prozent des Geschäfts aus“, erzählt Stubauer. Nach einer längeren Umstellungsphase beliefert die Firma Zorn nun ein völlig anderes Branchensegment und produziert vor allem Aufträge von Tischlereien, Planungsstudios und mittelständischen Möbelhändlern.
Montagefertige Möbel – keine Teilefertigung
Einen Großteil der Kunden hat das in Pfarrkirchen bei Bad Hall in Oberösterreich ansässige Unternehmen, in dem 37 Mitarbeiter beschäftigt sind, in Salzburg, Tirol und Vorarlberg. Für diese fertigt man sowohl kleinere Aufträge bis hin zu kompletten Projekten – von der Büro-, Hotel- oder Gastronomie-Einrichtung bis zur privaten Küche. Die Möbel werden dabei in der Regel innerhalb weniger Werktage fertiggestellt und mit firmeneigenen LKWs ausgeliefert. „Wir waren in der Produktion zuvor auf Großserien spezialisiert, mussten uns aber mit der neuen Ausrichtung auf eine Stückahl-1-Fertigung umstellen“, sagt Stubauer.
„Wir sind dabei kein klassischer Teilefertiger und liefern auch kein Stückwerk aus, sondern verstehen uns als verlängerte Werkbank für unsere Kunden.“ Für alle Projekte bietet die Firma Zorn „technisches Engineering“ an, wie es der Betriebsleiter, der selbst ausgebildeter Tischler ist, ausdrückt. Das bedeutet, die Planung für jeden Auftrag wird technisch gemeinsam mit dem Kunden erarbeitet. Die Möbel werden dann wunschgemäß produziert und schließlich montagefertig ausgeliefert. „Wir machen alles, von Dekor- oder furnierten Teilen bis hin zur RAL-Lackierung. Vom Fertigungsspektrum her sind wir im Prinzip wie ein klassischer Tischler aufgestellt“, sagt Stubauer.
Konstruieren in 3D
In der Werkstatt setzt man aufgrund der hohen Stückzahlen, die hier täglich bearbeitet werden, auf robuste Industriemaschinen, etwa eine Plattensäge von Schelling, zwei Ima-Bearbeitungszentren und eine große Kantenanleimmaschine samt Rückführung von Ott. Geplant werden sämtliche Aufträge in 3D mit der Konstruktionssoftware von RSO. Diese ermöglicht eine reibungslose Datenübergabe in die Produktion auf die CNC-Maschinen und bietet eine Schnittstelle zum Warenwirtschaftssystem von EDV-Hausleitner. Letzteres ist wiederum mit den Bestellsystemen der Materiallieferanten, der Auftragsdispo und via Arbeitsvorbereitung mit dem Flächenlager und der Plattensäge verknüpft.
Für die Bearbeitung der Projekte in RSO sind bei Zorn zwei eigene CAD-Konstrukteure beschäftigt. Die Arbeitsvorbereitung erfolgt dann in einem weiteren Arbeitsschritt – hier ist der Mitarbeiter etwa für die Materialbestellung und die genaue Produktionsplanung zuständig.
Als Basis für die Aufträge stellen die Kunden mitunter nur Handskizzen bereit, manchmal auch bereits komplett fertige Pläne. Doch unabhängig von der Qualität der übermittelten Unterlagen mussten die CAD-Konstrukteure bislang stets alle Aufträge komplett neu zeichnen, um die Entwürfe für die hausinterne Planungs-Systematik umsetzen zu können.
Webshop bringt Zeitersparnis
Um diesen großen Aufwand künftig zu reduzieren, arbeitet Christian Stubauer derzeit mit dem Entwicklungsteam von RSO an der Implementierung eines Webshops. Die Kunden können damit die Aufträge mit wenigen Klicks in einem Onlinekonfigurator erstellen. Und diese Daten werden dann bei Zorn 1:1 und ohne viel Mehraufwand weiterverarbeitet. „Das bringt für beide Seiten eine Erleichterung. Wir können uns viel Zeit ersparen, weil das Neuzeichnen der Projekte wegfällt – und diese Zeitersparnis bringt auch unseren Kunden etwas.“
Browser-basiertes System
Der Webshop funktioniert über ein Browser-basiertes System – der Anwender muss sich dazu also nicht extra ein Programm herunterladen. Nach dem Login kann er im Konfigurator Angaben zu Maßen oder Oberflächen eingeben. Dabei bekommt man nicht nur den Einkaufspreis für die Bestellung bei Zorn angezeigt, sondern kann auch eigene Preise – für die Kalkulation für den Endkunden – hinterlegen. Mit dem System lassen sich nicht nur einzelne Korpusse oder Schränke darstellen, sondern auch komplette Möbelgruppen nebeneinander. Durchlaufende Sockelelemente werden von der Software dabei automatisch gestückelt – so muss sich der Kunde nicht über Produktionsdetails den Kopf zerbrechen. Diese Funktion werde in weiteren Entwicklungsschritten auch für Arbeitsplatten und andere Generierteile verfügbar sein, sagt RSO-Chef Christian Rößl.
Platz für Sonderwünsche
Die Daten aus dem Konfigurator werden vom Zorn-Planungsteam in RSO dann noch in produktionsfähige Konstruktionsdaten umgewandelt. Ein Zwischenschritt, der nicht zwingend notwendig wäre – über RSO könnten die Daten auch direkt in die Produktion weiterlaufen. Allerdings haben die Mitarbeiter so noch die Möglichkeit, Sonderwünsche einzuarbeiten, die sich im Onlinekonfigurator nicht einstellen lassen.
Derzeit arbeitet Christian Stubauer mit dem Softwarehersteller noch intensiv am „Feintuning“ des Webshops und dem Anlegen sämtlicher relevanter Daten. Mit Jahresanfang 2020, so der Plan, soll der erste Kunde dann via Webshop bestellen. Dann soll das System Schritt für Schritt am Markt etabliert werden. „Wir müssen schließlich erst selbst damit ‚gehen lernen‘ und dann langsam unsere Kunden umstellen“, sagt Betriebsleiter Stubauer.
Papierlose Werkstatt
Die Implementierung eines Online-Tools für die Planung und Bestellung ist für ihn dabei nur ein logischer Schritt in der Weiterentwicklung des Zulieferunternehmens: „Ich möchte mit der Firma in Richtung echter Digitalisierung gehen.“
Dazu gehört auch, dass man in der Fertigung mittlerweile auf papierlose Pläne umgestiegen ist. Die Mitarbeiter können sich an ihren Arbeitsplätzen in der Werkstatt alle relevanten Daten auf Tablets ansehen. „Ich habe irgendwann festgestellt, wie viel Zeit in der Werkstatt bei uns zum Suchen von Zetteln und Plänen verlorengeht – es waren drei Prozent der Arbeitszeit“, erzählt Christian Stubauer. So gesehen bringt die Verwendung der Tablets viel Zeit- (und Geld-)Ersparnis – und funktioniert noch dazu völlig unkompliziert. Die Mitarbeiter können einfach ein Mail mit der Auftragsnummer im Betreff aufrufen, per App lassen sich die enthaltenen Pläne öffnen und dann etwa Maße oder andere Informationen herauslesen. Das neue System ist nicht nur bequemer als die frühere Zettelwirtschaft, es war noch dazu auch kein großer finanzieller Aufwand: Die Kosten für die iPads, sagt Christian Stubauer, habe man binnen kürzester Zeit wieder herinnen gehabt.
Im Überblick
ZAHLEN & DATEN
Unternehmen: Zorn Manfred GmbH, 4540 Pfarrkirchen, www.zorn.at
Mitarbeiter: 37
Ausrichtung: Produktion montagefertiger Möbel für B2B-Kunden
Planungssoftware und Webshop: RSO Group, www.rso.group