Entwicklung
Rekordjahr für die Lackindustrie
Gleich zu Beginn der Jahrespressekonferenz der Lackindustrie verkündete Obmann Hubert Culik: "Wir wollen uns vom allgemeinen Jammern ein bisschen abheben und haben viele positive Informationen mitgebracht." Dazu hat die Lackindustrie auch allen Grund: Der Pro-Kopf-Verbrauch an Lacken und Anstrichmittel ist in Österreich im Jahr 2021 um 22 Prozent auf 24,4 Kilogramm gestiegen. Die Pandemie hat dazu geführt, dass die Österreicher*innen sich verstärkt im privaten Bereich mit Ausmal- und Anstreich-Projekten befassten. Diese Entwicklung schlug sich auch in den Produktionszahlen der österreichischen Lack- und Anstrichmittelindustrie nieder: Der Produktionswert legte um 16,3 Prozent zu und erreichte mit 551 Millionen Euro einen Höchststand. Auch die Exporte konnten um 7,4 Prozent gesteigert werden.
Probleme bei Rohstoffverfügbarkeit
Überschattet war die gute Entwicklung von drastischen Preissteigerungen und Engpässen bei den Rohstoffen. Lösungsmittel, Bindemittel und Pigmente waren teilweise schwer und nur zu Höchstpreisen verfügbar. Allerdings verfällt Culik auch hier nicht in Selbstmitleid: "Momentan sind wir mit den Rohstoffen ganz gut unterwegs. Punktuell spüren wir natürlich Probleme, ausgelöst etwa durch Shanghai und Ukraine. Nach wie vor Hauptverursacher von Rohstoffverknappung – vor allem im Bereich der Pigmente – ist China. Grundsätzlich hat sich die Lage aber verbessert, Rohstoffpreise halten sich auf dem Niveau vom vergangenen Jahr." Eine Verbesserung ist allerdings nicht in Sicht. Doch freut man sich in der Lackindustrie schon über Stabilität.
Energiepreise werden ein Thema
Wie in sämtlichen Bereichen beschäftigt auch die Lackindustrie aktuell das Problem der Energiepreisentwicklung. Die steigenden Preise wirken sich natürlich in der Produktion aus. "Vor allem im Bereich Verpackungen. Diese Entwicklung wird auch die Ergebnisse für 2022 negativ beeinflussen", ist Culik überzeugt.
Prognose nur schwer möglich
"Die Versorgungssituation ist so kritisch wie nie zuvor. Die Preise steigen laufend. Oft werden sie erst bei Anlieferung gemacht, wobei eine Zusage zur Anlieferung gar nicht immer hält. Im Moment ist Flexibilität in allen Einheiten gefordert“, so Hubert Culik zur aktuellen Lage. Eine Prognose für die weiteren Entwicklungen ist momentan kaum möglich. Die Auswirkungen des Ukrainekriegs sowie des Lockdowns in Shanghai werden wohl zu weiteren Verschärfungen beitragen. "Auch wenn die Auftragslage nach wie vor sehr gut ist, ist die Lack- und Anstrichmittelindustrie sehr unsicher, was die Ergebnisse des Jahres 2022 betrifft. Zu viele unbekannte Faktoren trüben den Erfolg." Der Obmann der österreichischen Lackindustrie rechnet mit einem Knick der Lage im September.
Leidensdruck bei Fachkräftemangel wächst
Ein Problem, dass die Lackindustrie – wie viele andere Branchen auch – schon lange beschäftigt, ist der Fachkräftemangel. 88 Prozent der Unternehmen im Fachverband leiden unter dem Mangel an Arbeitskräften. "Und zwar in allen Bereichen: im Labor, in der Produktion, in der Logistik. Wir brauchen in all diesen Bereichen echte Fachleute", so Culik. Seit Jahren arbeitet die Lackindustrie an neuen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, die gut angenommen werden. Entscheidend ist für Culik allerdings das Engagement der Betriebe: "Die beste Möglichkeit, gute Mitarbeiter im Unternehmen zu haben und zu halten, ist die Entwicklung und die Weiterentwicklung im eigenen Betrieb. Den Mitarbeitern Chancen eröffnen und Perspektiven zu geben ist ein zentraler Faktor", so Culik.
Lieferkettengesetz stellt die Branche vor Herausforderungen
Ein großes Thema, dass in den nächsten Wochen und Monaten verschärft in der Lackindustrie aufschlagen wird, ist das von der EU geplante Lieferkettengesetzt. "Eines möchten wir klarstellen: Selbstverständlich sind wir für die Einhaltung von Menschen- und Umweltrechten in allen Belangen", so Klaus Schaubmayr vom Fachverband der Chemischen Industrie Österreich. Doch nach Sichtung und Analyse des ersten Vorschlages der Europäischen Union sagt Schaubmayr klar: "Damit können wir nicht leben. Das ist für die Industrie nicht machbar. Der Vorschlag ist wirklichkeitsfremd und schlicht nicht handhabbar."
Somit bleibt abzuwarten, ob es sich die heimische Lack- und Anstrichmittelindustrie nächstes Jahr auch noch verkneifen kann, das Jammern.
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