Energie und Begrünung
Multifunktionsdächer als sinnvolle Kombinationsbauweise
Dass wir schnellstmöglich auf fossile Energieträger verzichten und den Ausbau von erneuerbaren Energieträgern forcieren müssen, ist unbestritten. Dass dafür Platz benötigt wird, ebenso. In dichtverbauten Gebieten kommen daher schnell bestehende Dachflächen ins Gespräch. Prinzipiell eine gute Idee, da Dächer vielerorts brachliegende Flächen darstellen, die so nutzbar gemacht werden können. Doch es stehen uns noch weitere Herausforderungen bevor, die das moderne Stadtleben mit sich gebracht hat: Überhitzung, Verlust von Biodiversität, Luftverschmutzung, Resilienz bei Extremwetterereignissen – um nur einige zu nennen. Die Verwendung des vorhandenen Flächenpotenzials am Gebäude ausschließlich für Solaranlagen zu nutzen, greift also zu kurz. "Wir müssen den bereits vorhandenen verbauten Flächen einen Mehrfachnutzen geben, um den Herausforderungen der Stadtplanung gerecht zu werden", so Elisabeth Gruchmann von Grünstattgrau, dem Netzwerk für Bauwerksbegrünung in Österreich. "Zudem können wir hier die Synergien dieser Kombinationsbauweise nutzen."
Solargründächer: Gute Synergieeffekte
Diese Kombinationsbauweise ist bereits auf dem Markt etabliert und findet zunehmend Anwendung. Die Vorteile von Solargründächern wurden bereits in einigen Studien nachgewiesen. Solargründächer machen nicht nur vielfältigere Wirkungen auf derselben Fläche möglich, sondern bewirken darüber hinaus auch positive Synergieeffekte, die sich durch den kombinierten Einsatz beider Anwendungen ergeben. Ein Solargründach bietet zahlreiche Vorteile, die auch ein konventionelles Gründach bereits mit sich bringt: Verbesserung der Wärmedämmung, physischer Schutz für das Gebäude, Rückhaltung von Regenwasser, Verbesserung des Mikroklimas durch Verdunstungskühlung, Verringerung der Feinstaubbelastung und der Lärmbelastung. Die Ästhetik des Gebäudes wird aufgewertet und nachweislich eine positive Wirkung auf das menschliche Wohlbefinden und die Gesundheit erzeugt. Dachbegrünungen bieten darüber hinaus einen wichtigen Lebensraum für Flora und Fauna in Siedlungsgebieten und kompensieren den Flächenverlust der Natur. Sie stellen somit wertvolle Trittsteinbiotope für flugfähige Lebewesen dar.
Die positive Synergie dieser Kombinationsbauweise liegt in der Kühlleistung der Pflanzen. Da der Wirkungsgrad von Solaranlagen (Nennleistung 25 °C) mit steigender Temperatur abnimmt, führen besonders heiße Tage zu einer Aufheizung der PV-Anlage und ihrer Umgebungsluft und damit zu einem Leistungsabfall. Die durch Wasserverdunstung erzeugte Kühlwirkung der Pflanzen kann diesem Effekt entgegenwirken und dadurch die Leistung der Photovoltaikanlage steigern. Hierbei konnte in diversen Studien ein Mehrertrag von bis zu acht Prozent bei herkömmlichen Aufständerungen und bis zu 17 Prozent bei vertikal bifazialen Photovoltaikanlagen mit silberblättrigen Stauden und weißem Kies nachgewiesen werden. Zudem wird die Biodiversität auf dem Dach gefördert: Durch die Verschattung der Paneele entstehen partiell unterschiedliche Licht- und Feuchtigkeitsverhältnisse sowie Oberflächentemperaturen, die zu einer erhöhten Pflanzenartenvielfalt führen und sich die Blühabfolge durch unterschiedliche Schattenbereiche verlängert.
Wir brauchen Ideen wie Solargründächer, die naturnahe Anwendungen in Kombination mit erneuerbarer Energieerzeugung auf derselben Fläche vereinen.
Interdisziplinäres Arbeiten bei Planung und Umsetzung
Bei einem auflastgehaltenen Aufbau der Solaranlage werden Dachdurchdringungen und Eingriffe in die Gebäudesubstanz sowie Punktlasten vermieden. Wichtig hierbei ist, von Anfang an die im Gründachaufbau verankerte Unterkonstruktion miteinzuplanen. Ebenso wichtig ist es, die Abstände zwischen den Modulreihen für Pflege- und Wartegänge zu bemessen. Ein nachträgliches Aufrüsten eines Gründaches mit PV-Modulen kann ohne Aufständerung für eine erhöhte Pflege sorgen. Um den Erfolg dieser Kombinationsbauweise gewährleisten zu können, bedarf es einer engen Zusammenarbeit und Abstimmung der beteiligten Branchen sowie fachgerechter Planung, Ausführung, Pflege und Wartung. Das erfordert interdisziplinäres Arbeiten, das in Zukunft noch weiter an Bedeutung gewinnen wird. Erprobte Gesamtlösungen sind am Markt erhältlich.
Denn unsere ökologischen Probleme sind komplex und miteinander verwoben und erlauben keine isolierten Lösungen. Wir brauchen Ideen wie Solargründächer, die naturnahe Anwendungen in Kombination mit erneuerbarer Energieerzeugung auf derselben Fläche vereinen. Um die Planung und Steuerung einer klimagerechten und ökologischen Flächennutzung zu ermöglichen, ist für die Stadtplanung von heute außerdem die Erfassung der Potenzialfläche von vorhandenen beziehungsweise entstehenden Gebäuden wichtig. Solargründächer haben viel Potenzial und gelten als innovative Kombinationslösungen, um noch mehr Aspekte einer ganzheitlichen und ökologischen Stadtplanung berücksichtigen zu können.
(bt)
Aktuelle Förderungen
Förderung Solar + Begrünung in Wien
Die Förderung von innovativen Technologien ist ein wesentlicher Beitrag zur Anpassung an die neuen Gegebenheiten durch den Klimawandel. Zur Wiener Förderung von Photovoltaik-Anlagen werden Fördergelder auch für Stromspeicher ausgeschüttet sowie die Errichtung von Photovoltaik-Anlagen auf Gründächern unterstützt. Ziel der Förderungen ist es, den Ertrag und Eigenverbrauch von Sonnenstrom zu erhöhen. In Wien werden betriebliche und private PhotovoltaikAnlagen gefördert, die auf Gebäuden, baulichen Anlagen oder Betriebsflächen (ausgenommen Grünflächen) angebracht werden. Ein geeigneter Nachweis über die Anbringungsart muss dem Antrag angeschlossen werden. Derzeit werden ausschließlich jene Anlagenleistungen gefördert, die über 50 kWp hinausgehen. Für die ersten 50 kWp kann die Bundesförderung im Rahmen der Förderaktion des Klima und Energiefonds beantragt werden. Hier erhält man aktuelle und detaillierte Informationen zu den Förderungen.
Förderung für Unternehmen
Investitionskosten zur Dach und Fassadenbegrünung werden über die Bundesumweltförderstelle KPC im Rahmen des Förderprogramms Neubau in energieeffizienter Bauweise mit bis zu 150 Euro pro m² für betriebliche genutzte Neubauten in energieeffizienter Bauweise bzw. für Bestandgebäude im Zuge einer thermischen Gebäudesanierung gefördert. Förderberechtigt sind Betriebe und Gemeinden. Alle Infos
Förderung für Unternehmensberatung
Eine unabhängige fachliche Beratung für Unternehmen zu Bauwerksbegrünungen wird seitens der Wirtschaftskammer Österreich im Rahmen der ökologischen Betriebsberatung zu 100 Prozent gefördert. Nähere Infos findet man hier.
Förderübersicht
Die jeweils aktuellen Förderungen rund um Bauwerksbegrünung in Österreich sind auf der Homepage von Grünstattgrau zugänglich.