Landesinnung Kärnten

"Allrounder mit Talent zum Sonderbau"

Interview
17.08.2024

Der neue Kärntner Landesinnungsmeister spricht über sein Herzensthema Ausbildung, über eine notwendige Stärkung der Rahmenbedingungen und darüber, warum die Verankerung der Tischlereibetriebe in den Regionen so wichtig ist.
Gerhard Mark_Peter Preinig_Jürgen Schneider TJ 9_2024
"Tischlereibetriebe sind ein wichtiger Teil der heimischen Wirtschaft. Wir stärken die Regionen und bieten hochwertige Arbeitsplätze. Jeder Tischler sollte die notwendigen Rahmenbedingungen und Infrastruktur vorfinden, um in seiner Region bleiben und sein Unternehmen erfolgreich führen zu können", sagt der neue Kärntner Landesinnungsmeister Peter Preinig, im Bild mit seinen Mitarbeitern Gerhard Mark (l.) und Jürgen Schneider (r.).

Das Tischlerhandwerk wurde Peter Preinig quasi in die Wiege gelegt. Schon in früher Kindheit zog es ihn in die Werkstatt seines Vaters, im Alter von fünf Jahren bekam er seine erste Hobelbank. Das Handwerk und der Werkstoff Holz ließen ihn seit dem nicht mehr los: Nach dem Besuch der HTL in Villach, der Fachschule für Tischlerei sowie der Meisterschule war er bereits im Alter von 20 Jahren Tischlermeister und übernahm kurz darauf den 1961 gegründeten elterlichen Betrieb, die Bau- und Möbeltischlerei Preinig mit aktuell fünf Mitarbeitern in St. Kanzian am Klopeiner See. Der heute 52-Jährige engagiert sich bereits seit vielen Jahren für seine Branche. Seit 2010 arbeitet er im Landesausschuss der Tischler und Holzgestalter, seit zwei Jahren ist er Landeslehrlingswarts. Vor kurzem übernahm er das Amt des Landesinnungsmeisters von Valentin Lobnig, der nach elf Jahren erfolgreicher Innungsarbeit seinen Ruhestand antrat.

Tischler Journal: Sie sind nun seit dreißig Jahren als Tischlermeister selbständig, haben sehr jung den Familienbetrieb übernommen. Welche Faktoren waren ausschlaggebend für den nachhaltigen Erfolg und die lange Zufriedenheit im Beruf?

Peter Preinig: Ein wichtiger Faktor war mein Vater, der mir auch nach der Übergabe sehr geholfen hat, sich aber nie eingemischt hat und mich meine eigenen Entscheidungen treffen ließ. Ebenso meine fundierte Berufsausbildung – von diesem Wissen und den Fähigkeiten, die ich mir schon früh angeeignet habe, profitiere ich noch heute. Dazu zählt zum Beispiel die Fähigkeit, zu dimensionieren – also Dimensionen erfassen und konkret umsetzen zu können. So ist „wenn ich etwas aufzeichnen kann, kann ich es auch bauen“ mein Leitspruch.

Interview Preinig
Vielseitiges Angebot: Klassische Kompletteinrichtungen werden in der Werkstatt in St. Kanzian ebenso realisiert wie "materialübergreifende" Projekte – im Bild die Produktion eines Tunnels für die Ok-Bergbahnen im Kleinwalsertal: Das Bodenfundament aus Fichtenholz-Leimbindern, die eigens designten Aluminumprofile sowie die "Haube" aus Polykarbonatplatten werden in Preinigs Werkstatt verarbeitet.

Jeder Tischler hat einen anderen Schwerpunkt und besondere Talente. Wo liegen die Ihren?

Ich sehe mich als "Allrounder mit Talent zum Sonderbau" und ich habe eine sehr große Materialaffinität. Daher setze ich ergänzend zum Holz gerne Metall, Glas und andere Werkstoffe ein. Das Angebot meines Betriebes ist entsprechend weit gefasst: Wir bauen sämtliche Möbel und Türen, sanieren Altbautüren und Kastenfenster bzw. bauen diese nach originalen Vorbildern nach. Eine Besonderheit unseres Betriebs ist die Produktion von Starthäusern und Schifahrer-Tunneln für Schigebiete in ganz Europa. Diese sind statisch zertifiziert und halten eine Windlast von bis zu 200 km/h aus.

Sie sind seit 2010 in der Kärntner Landesinnung aktiv, seit 2022 Landeslehrlingswart. Da war die Übernahme der Position des Innungsmeisters der logischer Schritt. Oder hat sie die Ernennung doch überrascht?

Ich freue mich sehr über das mir entgegengebrachte Vertrauen und werde in nächster Generation die tolle Arbeit meiner Vorgänger mit vollem Einsatz fortführen. Das Amt des Landeslehrlingswarts werde ich solange parallel fortsetzen, bis die beste Nachfolgerin oder der beste Nachfolger zur Umsetzung einer engagierten Nachwuchsarbeit gefunden ist.

Welche Themen möchten Sie als LIM als erste angehen?

Als erstes Projekt bin ich die Ausrichtung der Tischler Staatsmeisterschaften angegangen, die im Juni 2025 in Kärnten stattfinden werden. Zudem möchte ich die Vernetzung und den Schulterschluss im Ausbildungsbereich vorantreiben: Denn eine gute Zusammenarbeit der Betriebe, der Ausbildungsstäten wie (Berufs)Schulen und Meisterschule sowie der Lehrlingsstellen garantiert, dass Tischlergesell*innen auch gut ausgebildete Fachleute werden.

Wie und mit wem soll dieser Schulterschluss konkret intensiviert werden?

Wir pflegen gute Kontakte zu den landwirtschaftlichen Schulen im Land, ebenso zu der Berufsschule in Klagenfurt und der HTL in Villach. Gemeinsam vernetzen wir uns im Alpe-Adria-Raum, um auch Schüler*innen aus den Grenzregionen für unsere Ausbildungsmodelle der Lehre und in der Höheren Technischen Lehranstalt zu gewinnen. Meisterkurse werden derzeit nur am Wifi in Klagenfurt angeboten, es wäre jedoch schön, wieder eine eigene Meisterschule zu führen. Dass der Bedarf da ist, zeigen die 16 Teilnehmenden an dem heurigen Kursdurchgang. Um unsere Anerkennung der Leistung der Jungmeister*innen zu zeigen und diese auch als Werbung für unseren Beruf zu nutzen, ist eine Präsentation im Rahmen der internationalen Holzmesse Ende August in Klagenfurt geplant.

Welche aktuellen Entwicklungen wirken derzeit besonders auf die Tischlerbranche ein und wie können diese positiv genützt werden?

Ich bin offen für Neues und möchte aktuelle Entwicklung zum Vorteil unserer Branche nützen. Damit ist zum Beispiel der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit gemeint, der bei unseren Kund*innen stark zu spüren ist. Dazu gehört auch die Förderung und die Stärkung der Regionalität, konkret gesagt, die Betriebe in der Region zu halten. Es ist mir ein großes Anliegen, ein Arbeiten nahe beim Wohnort zu ermöglichen und den Familienverband in den Betrieben zu erhalten.

Ad Rahmenbedingungen: Welche Änderungen sind nötig und was kann die Innung anstoßen?

Tischlerinnen und Tischler sind Arbeitgeber*innen vor Ort, funktionierende Familienbetriebe und kurze Wege für die Mitarbeitenden stärken auch die regionale Wertschöpfung und beugen einer Abwanderung vor. So setzt sich die Innung gegenüber den politischen Verantwortlichen u.a. dafür ein, Projekte mit regionalen Firmen umzusetzen. Eine weitere Herausforderung liegt darin, Betriebe, die ohne Nachfolger*in kurz vor der Übergabe stehen, zu erhalten. Hier unterstützen wir z. B. mit Beratungen und Netzwerken. Ebenso ist es wichtig, die Kundinnen und Kunden auf die Tischlereibetrieb in ihrer Nähe aufmerksam zu machen. Die Menschen sollen ein gutes Gefühl haben, sich für einen heimischen Anbieter in ihrer Nähe zu entscheiden.

Wie soll dieses Gefühl erzeugt bzw. gestärkt werden?

Wir setzen stark auf Unternehmer*innenpersönlichkeiten, auf deren Präsenz auf regionalen Veranstaltungen wie Messen und Festen, auf die Vernetzung untereinander und auf die Unterstützung der Gemeinden. Es muss für die Kommunen einfach der logische Schritt sein, bei öffentlichen Aufträgen auf regionale Betriebe zu setzen.

Im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitsthematik spielt der Werkstoff Holz eine zentrale Rolle. Wie sieht es mit der Materialbeschaffung und der Preisentwicklung aus?

Die Beschaffung von Massivholz und von Plattenmaterialien ist ein großes Thema. Leider geht hier das Recycling von Altmaterialien teilweise nach hinten los. Sprich, die Qualität der Platten ist in den letzten Jahren schlechter geworden, da durch die Wiederverwertung Komponenten wie Metall und kleine Steine mitverpresst werden, die in einer Platte nichts zu suchen haben. Wir wollen als Tischler*innen langlebige Produkte schaffen, wenn die Zulieferteile aber in der Qualität nachlassen, ist das problematisch. Ich kann hier nur an die Herstellenden appellieren, für Tischlereien geeignete Materialien anzubieten.

Wie sieht es mit der Massivholzversorgung, den Preisen und der Qualität aus?

Die durch die Corona-Pandemie in die Höhe geschossenen Holz-Preise haben sich zwar konsolidiert, den Vor-Krisen-Stand werden wir wohl nicht mehr erreichen. Das ist kein so großes Problem, viel brennender sind die Auswirkungen des Klimawandels auf die Waldbewirtschaftung. Welche Nutzbäume, die in unseren Breiten wachsen, werden in Zukunft für den Möbelbau zur Verfügung stehen? Welche Standorte sind geeignet? Welche Arten sind resistent gegen Pilze und Schädlinge, gehen hohe Temperaturen und extreme Wetterereignisse wie Dürren und Hochwässer? Zur Beantwortung all dieser Fragen muss intensiv geforscht werden, denn von heute auf morgen wird es dafür keine Lösungen geben. Wir haben vor kurzem die Universität in Bozen besucht, hier werden in Klimaschränken mögliche Szenarien simuliert – das war sehr spannend zu sehen, wie hier in der Forschung in die Zukunft geblickt wird.

Kärnten hat geografisch eine besondere Lage vorzuweisen. Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich dadurch?

Kurz nach dem EU-Beitritt vor zwanzig Jahren haben wir Slowenien als starke Billig-Konkurrenz wahrgenommen, das hat sich allerdings schnell gelegt. Heute profitieren wir mehr von der gelebten und befruchtenden Nachbarschaft im Alpe-Adria-Raum als dass wir untereinander konkurrieren. Vor kurzem durften wir im Rahmen einer vom Holzcluster Kärnten organsierten Besichtigung die Ausbildungsmodelle im Holzbereich in Slowenien und Italien kennenlernen. Es gibt dort keine Lehrausbildung in unserem Sinne – und das empfinden viele Verantwortliche dort als großes Manko. Das Interesse an unserem Modell bestätigt uns in unserem Weg – wie bereits angesprochen – auch in den Grenzregionen um Nachwuchs für den Tischlerberuf zu werben.

Branchen
Tischlerei