Interview
Von ideologischen Schranken und bürokratischen Hürden
Gebäude Installation: In der heimischen Bauwirtschaft zeigt das Barometer nach wie vor nach unten und auch in der Haustechnikbranche herrscht Krisenstimmung. Der Pleitegeier dreht auch in unseren Branchen seine Runden. Wie geht es Viessmann?
Peter Huber: Ich sehe momentan vernünftige Rahmenbedingungen um geschäftlich erfolgreich zu sein. Diesen totalen Neubaustopp erkenne ich nicht. Die letzten Jahre waren geprägt von einer absoluten Hochkonjunktur, die sich jetzt sehr schnell, für einige vielleicht zu schnell, eingebremst hat. Das Zinsniveau pendelt sich wieder auf einem normalen Niveau ein, das ist man nicht mehr gewohnt. Es gibt ein enorm großes Sanierungspotenzial und positive Rahmenbedingungen durch die Förderlandschaft. Über 2 Milliarden Euro fließen aus dem Topf „Raus aus den Fossilen“, andere Länder beneiden uns darum.
Die Förderungen sind ganz ohne Zweifel wichtige Impulsgeber. Kritiker bezeichnen sie allerdings als „Reichen-„ oder „Privilegiertenförderungen“. Ganz vorrangig richten sie sich ja an Besitzer von Einfamilienhäusern am Stadtrand oder im ländlichen Raum. Eine Mieterin, ein Mieter in einem Wiener Zinshaus hat nichts davon.
Ich bin ein Landei, die urbane Sichtweise fehlt mir vielleicht im Detail. Die Umrüstung eines in die Jahre gekommenen Zinshauses bedeutet einen sehr hohen Investitionsaufwand. Wir legen dazu viele Angebote und haben technische Lösungen im Portfolio. Man darf nicht vergessen, dass die Branche von den Primärenergiekosten getrieben ist. Für viele Hausherren sprechen sie derzeit gegen eine Umrüstung auf alternative Energieträger.
Wann meinen Sie, dass wieder mit einem Aufschwung der Bauwirtschaft zu rechnen ist?
Es gibt Indizien dafür, dass der Tiefpunkt schon erreicht wurde, es wieder nach oben geht. Die Problematik liegt in politischen Themen. Die KIM-Verordnung ist ein Bottle-Neck für Neubau und Sanierung - ein hausgemachtes Problem. Förderungen gut und sehr schön, die Investitionen müssen aber zwischenfinanziert werden. Es ist ein Österreich-Spezifikum, dass EU-Richtlinien besonders streng genommen werden, zum Schaden der gesamten Investitionskette.
Viessmann wurde vor knapp einem Jahr von Carrier Gobal übernommen. Was hat sich verändert?
Wir verfügen über eine noch höhere Stabilität, sind viel diversifizierter. Wenn der europäische Markt nicht so läuft, dann kommt die globale Aufstellung zum Tragen. Carrier ist ein Global Player. Für uns hat sich in den Arbeitsabläufen und der Positionierung der Marke nichts verändert. Viessmann wird als Premiummarke wahrgenommen und weiter entwickelt. Ich sehe unsere Position durch die hohe Wertschöpfungsdichte sogar noch gestärkt, durch die Produkttiefe und das große Produktportfolio ergeben sich sehr gute Perspektiven. Wir sind um eine Zehnerpotenz größer geworden. Ich war immer schon froh für Viessmann zu arbeiten, jetzt aber um so mehr.
Und in Ihrem Außenauftritt, in Bezug auf Ihre Mitarbeiter und der Kundenbetreuung, hat sich da etwas verändert?
Die Ansprechpartner sind die Gleichen geblieben, der Kundendienst wird ausgebaut.
Das heißt, Sie suchen neue Mitarbeiter? Der Fachkräftemangel ist in der Branche ja ein großes Thema!
Wir suchen neue Mitarbeiter und finden sie auch. Das resultiert vielleicht aus einer gewissen Eigendynamik. Wir zahlen gut, geben unseren Mitarbeitern ein g´scheites Gewand und ein gutes Auto. Fachkräftemangel ist bei Viessmann kein Thema. Wir scheuen uns auch nicht Mitarbeiter selbst auszubilden, zu qualifizieren – wir machen aus einem Konditor einen Raketentechniker, wenn er dazu bereit ist. Der Technikerberuf ist lässig, die Leute kommen viel herum, sehen Baustellen und machen Kunden durch ihr Know-how glücklich. Als Premiumanbieter haben wir bei der Mitarbeitersuche gegenüber einem kleinen Gewerbebetrieb Vorteile. Wir bieten ganz andere Aufstiegs- und Entwicklungschancen.
Und in Hinblick auf Ihre Vertriebsstrategie, bleibt Viessmann zweistufig?
Daran wird sich nichts ändern. Der direkte Marktzugang, der direkte Kontakt zu unseren Kunden ist eine unserer Stärken.
Messen sind in Hinblick auf die Kundenansprache daher ein wichtiges Thema, oder? Sie waren ja auch bei der Energiesparmesse mit dabei.
Es war nicht sehr fortschrittlich, was bei der Energiesparmesse gemacht wurde. Gut besucht waren einige Biomasseanbieter, Vaillant und wir. Je weiter man in die Hallen hineingegangen ist, desto größer war die organisierte Langeweile, mit der man konfrontiert war. Die Erosion der Sanitärbranche war unübersehbar.
Themenwechsel zu Ihren technischen Lösungen und Weiterentwicklungen. Komplettsysteme stehen im Fokus, wenn man Ihre Website aufruft.
Wir sind sehr breit aufgestellt. Die Sektorkopplung ist ein spannendes Thema, Strom und Heizung wachsen immer weiter zusammen. Mit Hems, dem Home Energy Management System, hat man den kompletten Überblick über seine Anlage. Energiespeicher, Wärmepumpe, PV-Anlage werden optimal vernetzt.
Wärmepumpen als die Technologie der Zukunft?
Die Wärmepumpe ist bereits die Gegenwart, für Viessmann, neben der Verknüpfung von Heizung und Strom, ein dominierendes Thema. Es gibt aber auch permanente Weiterentwicklungen bei PV-Batteriespeichern und passenden Regelsystemen. Verbrennungssysteme wie Pellets, Festbrennstoffe sind ebenfalls wichtige Themen, genauso wie Gas. Die Entwicklung grüner Gase und die Wasserstofftechnologie machen große Fortschritte. Wasserstoff ist ein idealer Energiespeicher.
Die Devise lautet aber doch „Raus aus dem Gas“, in diesem Zusammenhang ist sogar die Stilllegung der Gasnetze im Gespräch, von einem Zuschütten ist da die Rede.
Von einer Vernichtung funktionierender Infrastruktur halte ich gar nichts. Wer käme auf die Idee, eine intakte Autobahn wegzureißen, nur weil es neue Bahntrassen gibt?
Manche Politiker sehen das bekanntlich anders. Apropos Politik, wenn Sie einen Wunsch äußern dürften, wie lautet er?
Ich wünsche mir einen technologieoffenen Zugang ohne Scheuklappen in Österreich und der EU. Es gibt so viele umweltfreundliche Ansätze, die man nicht durch ideologische Schranken bremsen darf. Es geht um die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, den Abbau bürokratischer Hürden, wie zum Beispiel der KIM. Österreich gelingt es immer wieder aus an sich guten Regulierungen das Schlechteste zu machen. Wir sind oft päpstlicher als der Papst, da gibt es noch viel Luft nach oben.