COVID-19: Update zum Thema Mietzinsentfall
Fraglich. Durch das COVID-19 Maßnahmengesetz sind zahlreiche Handels- und Dienstleistungsunternehmen zur Schließung ihrer Geschäftslokale gezwungen. Die Einnahmen entfallen zur Gänze, dennoch fallen monatlich – teils hohe – Mietzinszahlungen an. Zahlreiche öffentliche Vermieter (zum Beispiel die Stadt Graz, Linz, Eisenstadt) erlassen bereits Miet- bzw Pachtzinszahlungen. Für Vermieter in der Privatwirtschaft kann ein Mietzinsausfall allerdings ebenso zur Krise führen, wie für den Unternehmer selbst, der seinen Betrieb schließen muss. In welche Sphäre fällt also das Risiko?
In diesem Zusammenhang ist die Sondernorm § 1104 ABGB zu beachten. Ein Mieter kann von der Entrichtung des Mietzinses befreit sein, wenn er den Mietgegenstand wegen „außerordentlicher Zufälle“ nicht benutzen kann. Außerordentliche Zufälle sind elementare Ereignisse, die stets einen größeren Personenkreis treffen und von Menschen nicht beherrschbar sind. Dies trifft auf die aktuelle Coronavirus-Pandemie ohne Zweifel zu. Der Gesetzgeber wollte für derartige außerordentliche Zufälle – für die eigentlich niemand verantwortlich gemacht werden kann – die wirtschaftliche Verantwortung dem Vermieter auferlegen.
Nun könnte man voreilig zum Ergebnis kommen, dass jeder Mieter, der aufgrund der Coronavirus-Pandemie sein Geschäftslokal schließen musste, keine Miete mehr bezahlen muss. Dieser Ansatz ist kurzsichtig. Eine generelle Mietzinsbefreiung aufgrund von Coronavirus-Betroffenen gibt es nicht.
Wird ein Betrieb behördlich geschlossen – zum Beispiel unter Quarantäne gestellt – und eine Geschäftstätigkeit ausgeschlossen, ist der Mietgegenstand in diesem Fall tatsächlich unbrauchbar. Auch ohne Quarantäne-Anordnung werden Betriebe, die Dienstleistungen direkt am Kunden erbringen, zum Beispiel Friseure, Kosmetiker, Fitnesscenter etc., aufgrund der gesetzlichen Maßnahmen keinen Umsatz mehr erzielen können. In diesem Fall kommt eine Mietzinsbefreiung iSd § 1104 ABGB in Betracht.
Die Schließung der meisten Geschäftslokale aufgrund des COVID-19 Maßnahmengesetz (etwa Restaurants, Bekleidungsgeschäfte, Multimedia-Handel etc.) ist nur deshalb erfolgt, weil das „Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten des Handels und von Dienstleistungsunternehmen sowie von Freizeit- und Sportbetrieben zum Zwecke des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen oder der Benützung von Freizeit- und Sportbetrieben“ untersagt ist. Diese Verordnung macht nicht automatisch eine gänzliche Betriebsschließung erforderlich und führt auch nicht in jedem Fall zur Beendigung jeglicher Geschäftstätigkeit. Zulässig sind weiterhin Geschäftstätigkeiten ohne Kundenkontakt, zum Beispiel Online-Handel und Auslieferungen (insbesondere erwähnt die Verordnung als Ausnahme den Lieferservice). In diesem Sinne sind vor allem Unternehmen erfasst, die nunmehr ihre Lagerbestände online verkaufen. Kann ein Unternehmen weiterhin einer Geschäftstätigkeit nachgehen, ist das Geschäftslokal nicht gänzlich unbrauchbar. Daher ist eine Mietzinsbefreiung iSd § 1104 ABGB nicht möglich (eine Mietzinsminderung müsste im Einzelfall geprüft werden).
Ob also eine Mietzinsbefreiung bzw. -minderung in Betracht kommt, hängt von der konkreten Gebrauchsbeeinträchtigung ab. Ein Entfall des Mietzinses bzw. eine Mietzinsminderung kommt dann nicht in Betracht, wenn lediglich weniger Umsatz erzielt wird. Dieses Risiko bleibt weiterhin beim Unternehmer (Mieter) und fällt in sein unternehmerisches Risiko. Zahlen die Mieter in diesem Fall den Mietzins nicht, droht ihnen eine Mietzins- und Räumungsklage.
Abgesehen von den obigen Überlegungen, lohnt sich immer auch ein Blick in den Mietvertrag. Die zuvor beschriebene gesetzliche Bestimmung ist nämlich dispositiv. Dies bedeutet, dass die Vertragsparteien eine hiervon abweichende Regelung vereinbaren können (oder diese gänzlich ausgeschlossen ist).
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