Betonbranche
"Es wird noch Jahre dauern"
Die Stimmung in vielen Bereichen der Bauwirtschaft war schon mal besser. Aber das ist für viele Experten noch nicht die schlechte Nachricht. Die lautet vielmehr: Daran wird sich so schnell nichts ändern. So sieht es auch Michael Wardian, Geschäftsführer der Kirchdorfer Group und Präsident des Verbands Österreichischer Beton- und Fertigteilwerke (VÖB). „Es wird noch Jahre dauern, bis sich die Bauwirtschaft vollständig erholt. Für 2024 sehe ich kaum Erholung“, meint Wardian. Besonders kritisch sieht er die umstrittene KIM-Verordnung, die den österreichischen Banken strenge Auflagen bei der Vergabe von Immobilienkrediten macht: „Die KIM-Verordnung, die nach wie vor aktiv ist, wird voraussichtlich zu einem weiteren Umsatzrückgang führen.“
Der VÖB-Präsident spricht aus, was den Mitgliedern seines Verbands im Magen liegt. Im März veröffentlichte der VÖB seinen letzten „Konjunkturbarometer“, in dessen Rahmen die Beton- und Fertigteilwerke halbjährlich befragt werden. Das Ergebnis fiel mehr als ernüchternd aus: 64 Prozent der Befragten mussten 2023 einen Umsatzrückgang verzeichnen. Und 2024 wird es noch schlechter: 80 Prozent erwarten, dass ihre Umsätze bis Jahresmitte sinken werden. 84 Prozent rechnen für das Gesamtjahr mit einem „weniger“ oder „gar nicht“ zufriedenstellenden Geschäftsverlauf.
Über Finanzkrise hinaus.
Daran wird aller Vorrauscht nach auch das vor kurzem beschlossene Wohnbaupaket der Regierung nichts ändern. „Die angekündigten Wohnbaumaßnahmen der Regierung kommen spät und sind unzureichend, um die Baukonjunktur bis Jahresende zu beleben“, meint VÖB-Präsident Wardian. „Die Herausforderungen für Unternehmen gehen über die Finanzkrise von 2008 hinaus, da kaum Wohnbaukredite in Anspruch genommen werden (minus 55 Prozent) und die Zinsbelastung für bestehende Kredite um 80 Prozent gestiegen ist.“
Bei den Transportbetonherstellern schaut die Einschätzung der Lage nicht viel anders aus. „Nachdem Transportbeton der am häufigsten verwendete Baustoff ist, trifft uns der Rückgang im Wohnbau naturgemäß sehr stark“, sagt Wolfgang Moser, kaufmännischer Geschäftsführer von Wopfinger Transportbeton. „Dies regional in unterschiedlichen Bereichen. In den ländlichen Gebieten ist es der private Wohnbau im Einfamilienbereich, in den Ballungsräumen ist das der volumensmäßig viel bedeutendere großvolumige Wohnbau, der massiv rückläufig ist.“
Moser begrüßt das Wohnbaupaket der Regierung und ist davon überzeugt, dass die Maßnahmen „auch tatsächlich Wirkung zeigen“ werden. Es gibt aber einen Haken: Man sehe „kurzfristig eher einen gegenläufigen Effekt, nämlich eine Verzögerung angekündigter Projekte“, so Moser. „Die Bauträger müssen erst die Wirkung der Förderungen auf ihre geplanten Projekte bewerten – das dauert.“ Der Wopfinger-Manager fordert daher eine „rasche Kommunikation“ der konkreten Maßnahmen.
Diesen Wunsch teilen seine Kollegen aus der Branche. Georg Bursik, Geschäftsführer von Baumit Austria, begrüßt die kommunizierten Maßnahmen der Regierung für die thermische Sanierung. „Hier ist klar ausformuliert, wo und wie man seine Förderung erhält.“ Anders sieht er das in Bezug auf das Neubau-Paket der Regierung: Hier „fehlt noch die klare Kommunikation, egal ob für Private oder Genossenschaften, wie man zu den Vergünstigungen“ komme.
Berthold Kren, CEO der Holcim Österreich GmbH und Präsident der Vereinigung der österreichischen Zementindustrie (VÖZ), begrüßt, „dass die Regierung Maßnahmen zur Ankurbelung des Wohnbaus beschlossen hat“. Jetzt zählt aber auch aus seiner Sicht der Faktor Zeit: „Dazu sind jetzt die Verantwortlichen auf Bundes- wie auch Landesebene gefordert“, meint Kren. „Denn das beschlossene Konjunkturpaket darf nicht dazu führen, dass aktuelle Projekte verzögert werden, nur um in den Genuss eventueller Begünstigungen zu kommen.“ Krens Fazit: „Nur durch eine rasche Umsetzung können die Maßnahmen volle Wirkung entfalten.“
Beim Bauchemieproduzent Murexin ist man bei aller Freude über das Regierungspaket besorgt, „dass diese Maßnahmen allein nicht ausreichen, um die Herausforderungen vollständig zu bewältigen“, wie es Peter Reischer, Kaufmännischer Geschäftsführer von Murexin formuliert. „Die erwarteten Zinssenkungen im Euroraum und eine Erleichterung bei Kreditvergaben würden zur Unterstützung wesentlich beitragen“, meint Reischer und ergänzt: „Gezielte Förderungen, die spezifisch auf die Bedürfnisse des Baugewerbes abzielen, wären wichtig. Nur durch die koordinierte Umsetzung dieser Maßnahmen sehe ich schnelle, positive Auswirkungen auf den Bausektor.“
Ob es beim Wunsch bleibt oder dieser in Erfüllung geht, wird sich den nächsten Wochen weisen. Verlassen können und werden sich Manager der Branche allerdings nicht darauf. Sie setzen eher auf die Erledigung ihrer Hausaufgaben. „Wir haben die vergangenen Jahre genützt, unsere Abläufe effizient zu gestalten und zu digitalisieren. Davon profitieren wir nun in der herausfordernden Marktsituation“, meint Holcim Österreich-Chef Kren. Wie herausfordernd die Situation ist, darüber lässt er keinen Zweifel: „Wir erleben im Segment Wohnbau einen noch nie dagewesenen Rückgang.“ Allerdings, so Kren weiter, profitiere man davon, dass man im Bausektor „breit aufgestellt“ sei und nicht nur den Wohnbau beliefere, „sondern vor allem auch Infrastruktur- und Sanierungsprojekte“.
In der möglichst diversifizierten Marktbearbeitung sieht auch Wopfinger-Geschäftsführer Moser die beste Chance, die Flaute im Wohnbau möglichst unbeschadet zu bewältigen. „Als Transportbetonhersteller können wir keinen Markt schaffen. Wir können nur die Projekte bedienen, die sich am Markt befinden. Am ehesten hilft es, breit aufgestellt zu sein und etwa auch im Bereich Infrastruktur Baustellen zu bedienen“, erläutert Moser und ergänzt: „Erfreulicherweise gibt es auch Segmente, die sich in den letzten Monaten sehr positiv entwickelt haben, etwa die Errichtung von Logistikflächen.“
Kirchdorfer-Geschäftsführer Wardian freut sich über „zwei aktuelle Großaufträge im Osten Österreichs im Infrastrukturbereich“. Zudem habe man „rechtzeitig in Robotics und Automatisierung investiert und die Anpassung der Kostenstruktur vorangetrieben“. Wardian betont einen weiteren Faktor, der für den Erfolg im derzeitigen Umfeld besonders wichtig sei: „Unsere Mitarbeiter*innen haben viel Gestaltungsspielraum, um ihre Themen voranzutreiben. Das stiftet spürbar Sinn! Wir bemerken ein großes Engagement und einen tollen Zusammenhalt.“