Gewerbe und Handwerk
"Die Richtung stimmt, es geht bergauf"
Die Konjunkturbeobachtung der KMU Forschung Austria zeigt, dass sich Gewerbe und Handwerk weiterhin in einem schwierigen Umfeld befinden. Im ersten Quartal 2024 wurde ein Auftrags- bzw. Umsatzminus von nominell -3,6 Prozent erwirtschaftet. Unter Einrechnung der gestiegenen Preise ergibt das einen realen (mengenmäßigen) Rückgang von -8,1 Prozent. Besonders groß fiel das Minus in stark von der Baukonjunktur abhängigen, investitionsgüternahen Branchen aus, etwa im Holzbau oder der Metalltechnik.
Auch im zweiten Quartal (April bis Juni) 2024 sind die Auftragsbestände in nahezu allen investitionsgüternahen Branchen gesunken. Besonders stark spürten das die Hafner, Platten- und Fliesenleger (-19 Prozent), Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker (-16 Prozent) sowie die Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker (-13 Prozent). Nur die Dachdecker, Glaser und Spengler konnten geringfügige Zuwächse verzeichnen (+2,3 Prozent).
Die Stimmung bessert sich
Trotzdem haben sich die Erwartungen der Unternehmer*innen verbessert. Das ist im Übergang vom zweiten auf das dritte Quartal recht unüblich – aber durchaus erfreulich. Wobei hier die konsumnahen Branchen optimistischer sind als die investitionsgüternahen Betriebe, bei ihnen ist dieser Saldo noch negativ, allerdings besser als im Vorquartal.
"Die Richtung stimmt, es geht bergauf. Aber wir sind noch nicht über den Berg", betonte Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk, bei der Quartals-Pressekonferenz am 11. Juni 2024. Sie appelliert an die Bundesländer, das Wohnbaupaket der Regierung rasch umzusetzen, sodass die Förderungen und Zuschüsse noch heuer bei Bauwerbern und Wohnbaugesellschaften ankommen.
Handwerkerbonus startet am 15. Juli
Große Erwartungen setzen die Betriebe in den Handwerkerbonus, der rückwirkend für Arbeitsleistungen ab 1. März 2024 beantragt werden kann. Ab 15. Juli 2024 können nun die Anträge gestellt werden. Das Interesse ist groß: Laut Umfrage erachten 74 Prozent der Österreicher*innen den Handwerkerbonus als "attraktives Angebot". 37 Prozent wollen ihn sicher nutzen, weitere 27 Prozent überlegen es sich noch.
"Der Handwerkerbonus ist ein Gewinn für die Konsument*innen, die sich Geld ersparen und auf Top-Qualität vertrauen können. Er hilft den Betrieben, weil Investitionen vorgezogen werden. Und er rechnet sich auch für den Staat, weil Schwarzarbeit verhindert wird und sich die Maßnahme selbst finanziert", betont Scheichelbauer-Schuster.
Mehr zum Handwerkerbonus neu, dessen Topf mit 300 Millionen Euro prall gefüllt ist, findet man unter handwerkerbonus.gv.at. Es gibt auch ein Callcenter für telefonische Nachfragen, das unter +43 50506 859333 werktags besetzt ist. Für Betriebe hat die WKÖ eine Infoseite eingerichtet.
Die große Stärke unserer Betriebe ist der Servicegedanke und die Nähe zu den Kundinnen und Kunden: Wir möchten unsere Arbeit machen und uns um die Menschen kümmern können, nicht um Formulare. Wir fordern deshalb einen Bürokratie-Stopp.
Stopp dem Bürokratieaufwand
Enormes Potenzial zur Entlastung der Betriebe und zur Ankurbelung der Konjunktur sieht die Sparte in der Reduzierung "überzogener Bürokratievorgaben". Auch die Mehrheit der Unternehmer*innen ist dieser Meinung: Laut einer aktuellen Umfrage klagen 70,9 Prozent der Betriebe im Gewerbe und Handwerk darüber, dass die Belastungen durch Bürokratie in den vergangenen drei Jahren zugenommen haben.
Der durch bürokratische Auflagen verursachte Aufwand ist beträchtlich: Die Gesamtkosten für das Gewerbe und Handwerk belaufen sich auf 4,3 Milliarden Euro pro Jahr. Dafür müssen jedes Jahr rund 70 Millionen Arbeitsstunden aufgewendet werden. Das entspricht 42.190 Vollzeit-Arbeitsstellen oder 6,6 Prozent der gesamten Personalkapazität.
"Die große Stärke unserer Betriebe ist der Servicegedanke und die Nähe zu den Kundinnen und Kunden: Wir möchten unsere Arbeit machen und uns um die Menschen kümmern können, nicht um Formulare. Wir fordern deshalb einen Bürokratie-Stopp", so Renate Scheichelbauer-Schuster.
Die Umfrage zeige zudem, dass überbordende Bürokratie den Fachkräftemangel verschärft, die Inflation anheizt, Investitionen hemmt und Innovation behindert. Ein Zurückfahren des Mehr-Aufwands um nur zehn Prozent könnte die Betriebe um 430 Millionen Euro Kosten pro Jahr entlasten und 4.200 Vollzeitkräfte für produktive Tätigkeiten freispielen. "Ein effektiveres und günstigeres Konjunkturpaket ist gar nicht vorstellbar", so Spartengeschäftsführer Reinhard Kainz.
(bt)