Interview: Klare Worte

„Ich sehe das als Generationenvertrag“

Interview
22.10.2024

Peter Giffinger, CEO Austria bei Saint-Gobain, findet im Gespräch mit der Bauzeitung „Klare Worte“. Er spricht über das Geschäft, die Vorbildrolle der öffentlichen Hand und die Verpflichtung, die wir gegenüber den nachfolgenden Generationen haben.
Saint-Gobain Austria CEO Peter Giffinger
Saint-Gobain Austria CEO Peter Giffinger.

Peter Giffinger über das laufende Geschäft bei Saint-Gobain:
Wir sind vor allem im Hochbau tätig. Uns geht es so, wie es dem gesamten Markt geht. Recht viel mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Es gibt aber einige Bereiche, wo es besser läuft. Dazu gehört die Sanierung. Wir verfügen über eine hohe Kompetenz bei der Sanierung von historischen Gebäuden. Gut läuft zum Beispiel auch die Dämmung von Industrieanlagen. Und immerhin – trotz des Rückgangs im Hochbau hält der Trend zu Leichtbau und Vorfertigung weiter an. Mittel und langfristig sehe ich daher gute Perspektiven für uns.

Was notwendig ist, damit es im Hochbau wieder aufwärts geht.
Das hängt von vielen Faktoren ab. Ich halte zwei für entscheidend. Die Wohnbaumilliarde der Regierung ist im Föderalismus stecken geblieben. Die wird aber hoffentlich bald wirksam und dann ein starker Treiber sein. Der zweite Treiber sind die Kosten. Die Inflation ist zurückgegangen. Das ist gut. Nun muss sich aber noch der Eckzinssatz noch ein Stück nach unten bewegen. Derzeit warten noch viele Bauherren und Investoren darauf, dass die Zinsen sinken und in ihr Business-Konzept passen.

Warum er optimistischer ist als viele andere:
Der Nachfrage im Wohnbau ist ungebrochen, weil das Bevölkerungswachstum den Bedarf schafft. Das sieht man daran, dass in vielen Regionen die Mietkosten weiter gestiegen sind. Sobald die Zinsen sinken, wird das Geschäft wieder anziehen. Ich bin da etwas optimistischer als viele andere. Ich glaube, dass es schon 2025 wieder aufwärtsgehen wird im Wohnbau.

Was die Politik tun kann, um die Bauwirtschaft zu unterstützen:
Investoren und Unternehmen brauchen Planungssicherheit von der Politik. Das ist ganz wichtig. Es gibt aber noch einen zweiten Faktor, der eine große Bedeutung hat: Das ist die Vorbildwirkung der öffentlichen Hand. Hier geht es nicht nur um Investitionen in die Infrastruktur. Ich denke an das Thema Nachhaltigkeit: Die öffentliche Hand sollte ihre eigenen Gebäude vorbildlich energieeffizient gestalten, sanieren und regionale Produkte verwenden. Es gibt erste Ansätze, aber da ist noch viel Luft nach oben. Man muss nur schauen, wie viele Gebäude von Bund, Ländern und Gemeinden „klimaaktiv“ zertifiziert sind. Das ist noch kein Standard. Die BIG macht eine Menge. Aber insgesamt kann hier noch viel mehr getan werden. 

Was man bei der Förderung von thermischen Sanierungen besser machen könnte:
Es wäre wichtig, zielgerichtet zu fördern. Bislang passiert das nur suboptimal. Das Ziel sollte klar sein: Den Energieverbrauch der Gebäude nachhaltig zu reduzieren. Daher sollte man jene Sanierungsmaßnahmen fördern, die am wirksamsten sind, um dieses Ziel zu erreichen. Das ist die Dämmung und Isolierung der Gebäude. Was hilft mir der Austausch der Gastherme durch eine Wärmepumpe, wenn die Fassade nicht gut gedämmt ist?

Wie wichtig man das Thema Nachhaltigkeit bei Saint-Gobain nimmt – und welche Verpflichtung unsere Generation hat.
Nachhaltigkeit ist bei uns in den gesamten Unternehmensprozessen implementiert. Das geht von der Rohstoffbeschaffung über die Logistik bis hin zu unseren Produkten. Ich würde mir in der Bauwirtschaft mehr Bewusstsein wünschen, was dieses Thema angeht. Ich sehe das als Generationenvertrag – als Verpflichtung, die wir gegenüber den nachfolgenden Generationen haben. Wir sind ihnen schuldig, dass sie in einem ähnlichen Wohlstand leben können wie wir heute. Daher ist es wichtig, mit den vorhandenen Ressourcen verantwortungsbewusst umzugehen. Nehmen Sie die Gipsrecycling-Anlage, die wir derzeit mit der Porr und Saubermacher in Stockerau errichten. Das machen wir nicht, weil es wirtschaftlich so attraktiv ist. Wir machen das, weil es für die Zukunft notwendig ist.

Informationen zu Peter Giffinger und Saint-Gobain: 

Peter Giffinger ist CEO Austria bei Saint-Gobain und Präsident der Unternehmensplattform Respact (Austrian Business Council for Sustainable Development). Saint-Gobain Austria gehört zum börsennotierten Industriekonzern Saint-Gobain, der 1665 gegründet wurde und zu den ältesten Unternehmen der Welt zählt. Der Konzern hat sich auf die Entwicklung von Komplettsystemen für den Leichtbau spezialisiert. In Österreich agiert er unter den Marken Rigips, Isover und Weber Terranova und beschäftigt rund 350 Mitarbeiter*innen. Weltweit hat der Konzern 160.000 Mitarbeiter*innen.

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