Nachgefragt

Wird jetzt auch Adblue knapp?

Mit der Adblue-Versorgung könnte es eng werden, warnen – wieder einmal – deutsche ­Branchenvertreter und Hersteller. Ein Szenario, das auch Österreich drohen könnte?

An Adblue kommt kaum ein dieselbetriebenes Fahrzeug vorbei, Lkws und Baumaschinen lassen sich nicht einmal starten, wenn der Treibstoffzusatz nicht beigemengt wird. Was vor einigen Jahren nach Aufkommen des "Diesel­skandals" noch als die Rettung von allen Dieselfahrzeugen galt, könnte jetzt zu massiven Problemen führen. Aktuell schlägt in Deutschland die Transport- und Logistikbranche Alarm: Einerseits weil sich die Preise von Adblue kontinuierlich vervielfachen, andererseits fürchtet man um die flächendeckende Verfügbarkeit.

Eine Frage des Gases

Ein ­Mangel des Treibstoffzusatzes Adblue würde nicht nur die Baubranche hart treffen.
Ein ­Mangel des Treibstoffzusatzes Adblue würde nicht nur die Baubranche hart treffen.

Grundsätzlich war die Vorgabe, Adblue dem Diesel beimengen zu müssen, um vorgegebene Schadstoffgrenzwerte einzuhalten, für die Industrie ein Glücksfall. Alte Fahrzeuge und Maschinen mussten nicht verschrottet, sondern konnten weitergenutzt werden, die Chemiewerke hatten Verwendung für Abfallprodukte der Düngemittelherstellung. Denn Adblue wird aus Ammoniak und Kohlendioxid hergestellt, die ­Mischung besteht aus 32,5 Prozent Harnstoff und 67,5 Prozent demineralisiertem Wasser. Das Pro­blem dabei sind aktuell jedoch die gestiegenen Kosten für die Ammoniakproduktion, weil dafür neben Stickstoff und Wasserstoff viel Erdgas benötigt wird. Und durch die aktuellen Gaspreise rechnet sich die Herstellung laut einigen Produzenten einfach nicht mehr.

Rechnet es sich noch?

Dies geht so weit, dass einer der großen deutschen ­Adblue-Produzent, die SKW ­Piesteritz, drei Wochen lang die Produktion in den Stickstoff­werken Piesteritz einstellte. Zu hohe ­Energiekosten und die Aussicht auf eine hohe Gas­umlage machten dem ­Unternehmen zu ­schaffen. Mittlerweile wurden die ­Maschinen wieder hochgefahren, dennoch heißt es aus dem Unternehmen, dass "ab dem 1. Oktober Kurzarbeit für die 860 Mitarbeiter nicht mehr auszuschließen ist". Wann wieder produziert wird, ist aktuell noch unklar. Ebenfalls sollen weitere Unternehmen ihre Ammoniakproduktion gedrosselt haben, darunter BASF und der norwegische Düngemittel­hersteller Yara.

Wie es um die aktuelle Versorgungslage mit Ad­blue in Österreich steht, ist schwer einzuschätzen, die produzierende Industrie gibt sich sehr bedeckt. Auf Anfrage bei Borealis, einem der größten Adblue-Hersteller des Landes, heißt es, dass "die Produktion von Adblue an unserem Standort in Linz derzeit ohne Einschränkung läuft". Die Preissituation des Treibstoffzusatzes gestaltet sich aber auch wie in Deutschland sehr dynamisch.

Bekannt und unter Beobachtung

"Wir spüren keinen Mangel, allerdings sind die Preis­anstiege seit Juli stetig und empfindlich", erklärt Karl-Heinz Strauss, CEO der Porr. "Je nach Produkt betragen die Preissteigerungen heuer bis zu 100 Prozent bei Großmengen von mehr als 2.000 Litern." Verglichen mit dem Sommer 2021 beträgt der Preisanstieg sogar 400 Prozent. Dazu gelte es aber festzuhalten, dass der Anteil von Adblue in den ­Kraftstoffen und damit den Betriebskosten insgesamt relativ gering ist.

Auch für die deutschen Tochterunternehmen sehe man noch keine gröberen Probleme, man stehe in engem Kontakt zu den Lieferanten und evaluiere regelmäßig die Versorgungssituation, um Engpässe zu vermeiden. "Wir erleben derzeit keine Einschränkung unserer Leistungsfähigkeit auf den Baustellen, und die Verfügbarkeit ist flächendeckend gegeben", so Strauss.

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